9. Das Buch „Benzin aus Sand“:

Auner war darüber informiert, dass auf einer Silizium-Chemiker-Konferenz in Tromsø vom 29.5. bis zum 2.6. 2000 eine Wacker-Chemikerin von den Gefahren der Silizium-Stickstoff-Verbrennung in einem Vortrag berichten würde. Auf diesen Termin musste er Rücksicht nehmen, bevor er sich als „Erfinder“ bezeichnen könnte. Das liest sich beim „Stern“ dann so: „ Da war er endlich, der Beweis für eine chemische Reaktion, auf die er schon lange gesetzt hatte. Deren Existenz bedeutete für ihn nicht weniger als einen ganz neuen Ansatz zur Lösung der zukünftigen Energieprobleme der Menschheit.“

Auner besuchte unter anderem mit dem „Stern“ Redakteur Klaus Thews die Firma Dow Corning Chemicals in den USA, wo der gesamte Vorstand aus den Betten getrommelt wurde.
       

Da Plichtas Anwalt Dr. Bernd Bellinger interveniert hatte, brachte der „Stern“ in seinem Artikel vorsorglich einen längeren Absatz über die Entdeckung der höheren Silane durch Peter Plichta und die weltweit erteilten Patente für die Silizium-Stickstoff- Verbrennung. Der „Sterntitelbericht“ vom 9.11. 2000: „Sand – das Öl der Zukunft“, von Auner selbst endgültig lektoriert, grenzt chemisch an eine Erfindung aus einem Tollhaus. Plichta war nunmehr praktisch gezwungen, ein Buch zu verfassen: „Benzin aus Sand – Die Silan-Revolution“, 2001 Langen-Müller, um die Geschichte der Silane von Stock über Fehér bis Plichta und die Stickstoff-Verbrennung korrekt darzustellen und darauf hin zu weisen, dass der Chemiker Auner etwas Grundlegendes nicht verstanden hat. Silizium liefert bei der Verbrennung mit Luft Siliziumoxid, eben weil die Reaktion mit Stickstoff energetisch viel geringer ist. In einem Luft atmenden Triebwerk, einem Scramjet, von dem noch die Rede sein wird, ist es aber notwendig, den gesamten eingespeisten Luftstickstoff nicht mit zu erhitzen, sondern dahingehend zu nutzen, dass er stöchiometrisch verbrannt wird und dabei Wärme liefert. Hierbei ist der Hinweis, dass die Verbrennung mit Sauerstoff mehr Energie liefern würde, eine chemische Tautologie, die nur von Chemikern ausgesprochen werden kann, die die Grundlagen der Thermodynamik nicht beherrschen. Immerhin befinden sich in der Luft viermal so viel Stickstoff als Sauerstoff, was die Energiebilanz mehr als ausgleicht.
       

Plichta hatte inzwischen mit dem Oberassistenten Dr. habil. Kornath an der Universität Dortmund die drei Stufen zur Herstellung von Cyclopentasilan nach Auners Vorschrift präparativ wiederholt und filmen lassen. Dabei war es gelungen nachzuweisen, dass in der Hauptsache nur Phenylcyclopentasilan entsteht. Damit war bewiesen, dass die Ergebnisse am ICT Karlsruhe durch Prof. Auner alle falsch waren. Dr. Kornath änderte darauf zusammen mit Plichta die Vorschrift und schrieb eine forensisch chemische Arbeit, wobei er die Apparaturen für die drei Stufen fotografierte und die spektroskopischen Beweismittel mit einarbeitete. Hierfür wurde Dr. Kornath in 2006 am Anorganischen Institut der Universität München zum Professor ernannt, nachdem Plichta dem Lehrstuhlinhaber Prof. Thomas Klapötke diese Arbeit vorgelegt hatte. In München baute Kornath dann ein Silanlabor auf, so dass jetzt in Deutschland wieder an Silanen geforscht wird.
       

Mit dem Erscheinen von Plichtas Buch wurde Auner das Handwerk dadurch gelegt, dass die feinste Zeitschrift für Chemie „Zeitschrift für angewandte Chemie“ eine Buchbesprechung veröffentlichte und die Deutsche Forschungsgemeinschaft Prof. Auner die Forschungsmittel strich. Dadurch war aber närrischerweise das einmal aufgeflackerte Interesse für die Stickstoff-Verbrennung wieder erloschen. Lediglich der wissenschaftliche Leiter des WDR's Jean Pütz nahm sich der Sache an, und es kam im Januar 2002 in der Sendung „Dschungel“ zu einem 25 minütigen Report über den Chemiker Plichta und die Verwendung der Silane in der zukünftigen Luft- und Raumfahrt. Hierzu hatte Plichta eine 3-D-Animation für einen Einstufer in einer Computerfilmfirma anfertigen lassen. Bau und Funktion des diskusförmigen Flugkörpers werden knapp geschildert. Der Einstufer kann starten und landen wie ein Hubschrauber und verfügt über einen Luft atmenden Raketenmotor, so dass, auf der Luft liegend, mathematisch die Raketengleichung umgangen wird.
       

Die Visualisierung eines Traums aller Raketeningenieure, der Bau eines wieder verwendbaren Einstufers, der als technisch unmöglich gilt, brachte es mit sich, dass Plichta zu ahnen begann, welches verborgene Geheimnis in der Silan-Stickstoff-Verbrennung wirklich steckt. Während für die Zuschauer da eine Art „fliegende Untertasse“ vom Boden aus startet und sodann horizontal auf enorme Überschallgeschwindigkeit beschleunigt wird, begriff er, dass der ganze Zauber um den „Stern“- Artikel, das Buch und der Film „Benzin aus Sand“ nur dazu nötig waren, endlich technisch dort durchzubrechen, wo die Raumfahrt gelandet ist, nämlich in einer „Sackgasse“. Jetzt wusste er genau, wie er weiter vorzugehen hatte; denn die Computeranimation des Einstufers hatte eher Spielzeugcharakter.

10. Ein Geheimnis in einem verborgenen Geheimnis

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