Artikelinhalt
1. Silane und Borane
2. Ein folgenschwerer Irrtum
3. Erste Darstellung der höheren Silane
4. Die Stickstoffverbrennung
5. Ein festes Edelgas
6. Die wahre Bildungsenthalpie der Si-Si-Bindung
7. Die Silantragödie, Teil 2
8. Das Experimentum Crucis
9. Das Buch "Benzin aus Sand"
10. Ein Geheimnis in einem verborgenen Geheimnis
11. Zyklisches Denken

Höhere Silane, ihre Geschichte und ihre zukünftige Verwendung

Dr. Peter Plichta
prom. anorgan. Chemiker
Kernchemiker
Apotheker

12. August 2008
 
Wer von der Geschichte einer Wissen-
schaft keine Ahnung hat, hat auch von
der Wissenschaft wenig Ahnung. P. P.


 

1. Silane und Borane:

Links neben dem und unterhalb des Kohlenstoffatoms im Periodensystem befinden sich die chemischen Elemente Bor und Silizium, die zu den Halbmetallen errechnet werden. Da das Element Kohlenstoff als Wasserstoffspeicher wegen seiner 4-Bindigkeit und der Fähigkeit, Mehrfachbindungen einzugehen, das Grundelement der organischen Chemie darstellt, müssten die Elemente Bor und Silizium wegen ihrer Stellung im Periodensystem auch in der Lage sein, Hydride zu bilden, was im Zeitalter der schwindenden Erdölreserven von Bedeutung sein könnte.
       
Ab 1916 gelang es Professor Alfred Stock durch saure Zersetzung von Magnesiumsilizid neben den gasförmigen Mono- und Disilanen, die flüssigen Silane Trisilan Si3H8 und Tetrasilan Si4H10 darzustellen. Die Stoffe sind an der Luft selbstentzündlich, und die Ausbeute von flüssigen Silanen beträgt nur 5%. Die in großen Mengen anfallenden gasförmigen Silane Monosilan SiH4 und Disilan Si2H6 erwiesen sich später als Ausgangsstoffe zur Herstellung von Reinstsilizium für Chips und Solarzellen.
       
Stock gelang auch die Darstellung der Borwasserstoffe (Borane), die sich in der Stereochemie als außerordentlich nützlich erweisen sollten, sodass dem Harvardchemiker William N. Lipscomb, in memoriam Alfred Stock, 1976 der Nobelpreis für Racemat-Trennungen mit Boranen verliehen wurde.
       
Da es für die flüssigen Silane bisher keine Anwendung gab, galten sie nicht als Nobelpreis verdächtig, obwohl sich das Element Silizium schon bei der Gleichrichtung des Wechselstroms, der Entwicklung der Siliconöle, der Solarzellen, des Transistors und der Computerchips so nützlich erwiesen hat, dass man vielleicht einmal ein ganzes Zeitalter nach diesem Element benennen wird. Hierzu müsste aber den Silanen auch eine bisher unbekannte Verbrennungseigenschaft zukommen; denn die Chemie ist nicht nur die Lehre von den Stoffen, sondern auch die Lehre vom Feuer (Lavoisier). Dieser Artikel handelt genau von diesem Verbrennungsgedanken der Silane, der seit der Entdeckung der Oxidation durch Antoine de Lavoisier den Chemikern und Thermodynamikern völlig verborgen geblieben ist.
 
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